Bewegte Geschichte eines „Oldtimers“

Ein besonderer MWM Moment von Andreas Lorch

Da steht er nun bei mir auf meinem Anhänger – ein 60 Jahre alter MWM Motor Typ GS13V. Er trägt die Seriennummer 65360 und wurde nach meinem Kenntnisstand bei der Süddeutschen Bremsen AG in München gebaut. Er ist gekuppelt mit einem Drehstromgenerator der Firma AEG mit 32 kVA. Mit dabei ist ein Schaltschrank mit einem Elektrohydraulischen N&K-Regler, der automatisch den Erregerstrom des Generators so einstellt, dass die Ausgangsspannung auf 400V eingeregelt wird. Der Motor besitzt eine Frischwasserkühlung. Und das Besondere: Die Anlage ist immer noch voll funktionsbereit!

Der „Oldtimer“ hat im doppelten Sinne des Wortes eine bewegte Geschichte. Laut Aussage meiner früheren Kollegen war die Anlage ursprünglich im Krankenhaus in Reutlingen im Einsatz. (Leider habe ich keine Belege dafür und die Kollegen, die das wussten, leben nicht mehr). Im Jahr 1954 wurde die Anlage dann bei Firma Stoll in Reutlingen eingebaut, um einen Notbetrieb der Grundwasserpumpen zu gewährleisten. Die Firma hatte Kellerräume, die unterhalb des Wasserspiegels der nebenan fließenden Echaz lagen.

Dokumentiert sind monatliche Probeläufe der Anlage ab 1954. Längere Betriebszeiten waren vom 9.06.66 bis 11.06.66 und am 29.12.76. Außerdem wurde eingetragen, wann die Batterie geladen oder ausgetauscht wurde.

Mit meinem Eintritt in die Firma Stoll 1987 kam ich dann auch gelegentlich in den Raum, in der sich die Maschine befand. Dass der Motor nicht mehr richtig lief, fiel mir dann bei einem Probelauf 1995 auf, bei dem ich zufällig dabei war. Die Ursache – fehlende Wartung: Das Motoröl war wohl seit dem Einbau 1954 nicht mehr gewechselt worden und so hatten die Kipphebel nicht mehr genügend Schmierung. Bei einem Kipphebel war die Messingbüchse so verschlissen, dass ein Ventil nicht mehr öffnete. In der Lehrwerkstatt wurde daraufhin eine neue Büchse eingebaut. Der Motor bekam endlich wieder neues Öl, die Ventile wurden neu eingestellt. Die Reparatur war erfolgreich! Die Maschine lief danach wieder ordentlich.

Nachdem wir 2004 ein neues Werksgebäude bezogen, lag das alte Gebäude brach und sollte abgerissen werden. Da ich vermeiden wollte, dass der Generator in einem Atemzug mit verschrottet wird, habe ich nach Absprache mit der Werksleitung am 1. April 2005 die Anlage aus dem Keller geborgen und auf einem Anhänger neu aufgebaut. Seither bin ich immer wieder mit der Anlage unterwegs zu Oldtimertreffen der Motorenliebhaber. Gerade eben war ich beim Standmotorentreffen im württembergischen Zwiefalten-Baach. Dort wurde der Motor interessiert begutachtet. Insbesondere zum Luftspeicherverfahren gab es viele Fragen. Es muss wohl eine gewisse Seltenheit haben. Denn das Verfahren kennen selbst erfahrene Motorspezialisten oftmals noch nicht.

Übrigens: Motoren der Marke MWM waren auch in der Landwirtschaft sehr geschätzt als zuverlässige Maschinen. So besitze ich auch noch einen Schlepper der Marke Röhr mit einem KDW 615E Baujahr 1953. Den konnte ich dank guter Ersatzteilversorgung mit neuer Laufbuchse und Kolben ausrüsten. Damit läuft auch dieser Motor wieder wie neu.